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Die nächste unentdeckte Chance!

In den vergangenen Wochen haben viele Börsianer verlernt, dass der Markt auch richtig Spaß machen kann. Dass es einfach schön ist, am Markt zu sein. Und viele haben vergessen, dass es nur an ihnen selbst liegt, die Weichen zu stellen. Einfach, indem sie sich den „Ohrenbläsern“ entziehen.

Vom Trommeln für vermeintlich „sensationelle Schnäppchenkurse“ bis hin zur Empfehlung, dicht am Totalverlust liegende Calls „zur Minderung der Steuerlast“ zu verkaufen, finden Sie in vielen Börsenbriefen derzeit die ganze Palette an verzweifelten Versuchen, den verschlafenen rechtzeitigen Ausstieg, das verpasste Setzen von Stoppmarken und das teilweise schon an Penetranz grenzende Festhalten an Verlustpositionen zu rechtfertigen.

Die „sensationellen Schnäppchenkurse“ findet man am Anfang eines Bullenmarktes, nicht an seinem Ende. Und dieses Ende ist da, wenn die Abwärtstrendlinie der Baisse nach oben überschritten wird. Eine ausgesprochen einfache Angelegenheit.

Sonderbarerweise scheint es für viele Analysten erheblich problematischer zu sein, auch den ähnlich banalen Umkehrschluss zuzulassen. Nämlich, dass der Abwärtsbruch einer langfristigen Aufwärtstrendlinie das Gegenteil von bullish ist.

Trendlinien, gleitende Durchschnitte, Chartformationen, Umsatzverhalten und all die markttechnischen Indikatoren aber nur dann zu nutzen, wenn sie das bestätigen, was man „will“, ist ein Fehler, der sich bitter rächt.

VERKAUFSSIGNALE AUF DEM TABLETT

In meiner letzten Kolumne vom Dienstag vergangener Woche schrieb ich: „Aktuell feiert die Wall Street was auch immer. Meine Charts sagen mir, dass die kollektive Selbsthypnose der Anleger sehr bald in einen neuen Rückschlag einmünden wird. Weil es ist, wie es ist.“

Heute wissen wir, dass ich einfach Recht hatte. S&P 500, der noch viel marktbreitere Russell 1000, der DJ EURO STOXX 50, der österreichische ATX, der Londoner FT-SE 100, der CAC 40, der SMI in Zürich, der MDax und sein kleiner Bruder SDax – sie alle waren bereits im Januar unter ihre seit rund fünf Jahren etablierten Aufwärtstrendlinien gefallen.

Noch ausstehend bis diese Woche: Dax und vor allem Dow Jones. Aus gutem Grund gilt der DJIA vielen Anlegern als wichtigster Aktienindex überhaupt, da (fast) alle weltweiten Aktienindizes am Rockzipfel seiner Kursausschläge hängen.

Dem Trendbruch des Dow Jones kommt damit eine ausgesprochen hohe Bedeutung zu. Vergessen wir nicht die Fundamentals:

Erstens: Die FED hat die Leitzinsen scharf und schnell (manche sprechen von panikartig) gesenkt. Und das hat (siehe meine Erwartung in früheren Kolumnen) eher das Gegenteil des Beabsichtigten ausgelöst. Exakt das gleiche Muster wie nach dem Platzen der „New Economy“-Blase ...Zweitens: Die Zinsen für Unternehmens- und Privatkredite sind (Risikoprämie!) gestiegen statt zu fallen; gestern kündigten mehrere US-Banken an, sich aus dem Hypothekengeschäft zurückziehen zu wollen. D. h. Der Kreditmarkt verhält sich wir nach einer Zinserhöhung, nicht wie nach Zinssenkungen.

Drittens: Die Inflationsraten explodieren. Nicht nur in den USA, dort aber besonders stark, da nahezu alle Rohstoffe auf Dollarbasis gehandelt werden, den US-Importeuren die Dollarschwäche also nichts nutzt.

QUINTESSENZ: WEG VOM „SELBSTVERSTÄNDLICHEN“!

Die Trendbrüche beim Dow Jones und beim Dax stellen das noch fehlende i-Pünktchen zur Komplettierung des bearishen Szenarios dar. Natürlich können die Börsen Gegenbewegungen starten. Professionelle Anleger dürften jedoch Kurserholungen zum Verkauf nutzen. Der bekannte Wechsel von „schwachen in starke Hände“ kommt unten in einer Baisse, nicht oben in einer Hausse.
Treten „oben“ Umsatzspitzen auf, bedeutet das, dass die richtig großen Adressen verkaufen. Und im Januar waren die Umsätze im Dax so hoch wie niemals zuvor seit Aufzeichnung des Index.

Den Januar haben meine Leser und ich bestens überstanden. Wobei „bestens“ Gewinne statt Verluste bedeutet. Die Trendbrüche bei Dax und Dow schlagen hier ein völlig neues Kapiteal auf. Ich denke, es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sie den Beginn einer neuen Ära bedeuten!

Dessen ungeachtet scheinen mir die Edelmetalle und auch der Devisenmarkt aktuell mehr als spannend zu sein.

Gold und Silber „müssen“ steigen. Erstens als Inflationsschutz-Anlagen, zweitens als Inflationsschutz-Anlagen und drittens aus eben diesem Grund!

Nur:

Die aktuelle Inflation folgt nun einmal nicht dem Lehrbuch. Nicht, weil seine Verfasser alle Deppen wären, sondern einfach nur, weil wir es mit einer historisch völlig neuen Situation zu tun haben:

Steigende Teuerungsraten sind „normalerweise“ Ergebnis einer starken Konjunktur, anziehender Nachfrage, steigender Löhne (Zweitrundeneffekte) und der sich daraus in Gang setzenden Preisspirale.

Heute steigen die Preise extrem. Extremer, als uns die Notenbanken und Statistiker weismachen wollen. Kaufen Sie heute einmal ein paar Brötchen, ein Pfund Butter, einen Joghurt, ein Kilo Zucker und zehn Eier. Und vergleichen Sie die Preise mit denen zur Einführung des Euro. Um von den Energiepreisen gar nicht zu reden. Sie sehen:

Grund des aktuellen Teuerungsschubs sind die Rohstoffe. Anfang 2007 stand der weltweit wichtigste Rohstoff-Index CRB/Bridge bei 299, Anfang 2008 bei 366, jetzt bei 415.

DIE NÄCHSTE UNENTDECKTE CHANCE

Dem entsprechend, gehen die Anleger heute davon aus, dass die Edelmetalle als Inflationsschutz-Anlagen steigen und steigen werden. Gold nahe der 1.000er Marke, Silber beim entscheidenden Level 20.

Nur: Die neuen Trendbrüche bei Dow Jones und Dax verdeutlichen, dass die Börsen (wenn auch später als von mir erwartet) zu verstehen beginnen, dass die Weltwirtschaft den Zeiger nach unten zu nehmen begonnen hat. In Richtung verlangsamtes Wachstum, Stagnation, Rezession.

Und das bedeutet? Das bedeutet, dass die Edelmetalle, getragen von gerade überschwänglichem Optimismus, eine gute Chance haben, wache Anleger jetzt auf der Shortseite zu beglücken. Kurzfristig zumindest. Denn fällt das „Boom“-Argument für die Weltwirtschaft, wird sofort auch der Treibsatz für die Edelmetall-Hausse feucht.

Was für die Edelmetalle gilt, gilt auch für die Rohstoffe insgesamt: Der CRB-Rohstoff-Index beendete diese Woche mit einem neuen Rekordstand, hinterließ allerdings im Candlestick- Chart ein „Doji“. Wird diese auf einen Momentumverlust hinweisende Formation in der kommenden Woche durch fallende Kurse bestätigt, bekommen wir aus charttechnischer Sicht ein handfestes Verkaufssignal!

Mit besten Grüßen
Axel Retz

© 08.03.2008 Kolumne für www.ariva.de, www.finanztreff.de und www.zeitenwende.ch


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